Frosch “Kanada”
Hallo meine Lieben,
mittlerweile sind wir in Kanada angekommen, doch lest selbst. Das Auto war mal wieder in Reparatur, so dass wir zwei Wochen Aufenthalt hatten. Da wir aber fahren konnten, haben wir das Beste daraus gemacht.
Herzlichst, Gerd u. Claudia
Kanada
Ob wir auf diese Art wohl reich werden? Wir sitzen an einem gro?en Fluss mit rei?ender Str?mung, der gerade Hochwasser f?hrt. In den H?nden schwenke ich eine rote Plastikpfanne, gef?llt mit Kies vom Uferrand.
Ich schwenke, sch?ttle und lasse die Pfanne rotieren, bis der Sand fast vollst?ndig daraus verschwunden ist. Zur?ck bleiben zahlreiche winzige funkelnde Fl?ckchen: Goldstaub!
Eigentlich wollte ich schon immer in Alaska Gold suchen. Aber es ergab sich, dass unser Auto mal wieder Zicken machte. Die Erneuerung in der Mercedes-Werkstatt hat ihm nicht gereicht. Auch das mehrmalige Wechseln des Thermostats einen Tag sp?ter unterwegs brachte keine Abhilfe. Selbst die Untersuchung des K?hlers bei einem Spezialisten, bei dem ich den Radiator selbst aus- und wieder einbauen durfte, brachte keine Linderung. Der Motor wurde st?ndig zu hei?. Zeitweilig konnten wir uns nur bei voll eingeschalteter Heizung von der Stelle bewegen. Dann kam die Erleuchtung: Ausbau des Thermostats und Erneuerung des L?fterantriebs. Dazu suchten wir in Quesnels, einer gr??eren Stadt am Cariboo-Trail,
eine Werkstatt auf. Ja, die Teile k?nnen wir bestellen, dauert aber wohl 14 Tage, bis sie eingebaut werden k?nnen. Gl?ck im Ungl?ck, wir befinden uns in einer wundersch?nen ?schwedischen? Landschaft mit Bergen, Seen und Fl?ssen, dazu Wildnis, so weit das Auge reicht. Es gibt grandiose Blicke ?ber die unendlich scheinende kanadische Tundra. Das beste aber: Wir sind in einem ausgesprochenen ?Goldland?. Schon um 1850 hatte ein gewisser Barker reiche Goldfunde gemacht. Als er das Gold verkaufte und zur?ckkehrte, war um seinen Claim die gr??te Stadt n?rdlich von San Franzisko und westlich von Chikago entstanden. Auch heute noch wird das gesamte Erdreich der Gegend umgepfl?gt auf der Suche nach Gold. Entlang eines jeden Baches ziehen sich die Grabungsgebiete; ?berall findet man die ?berreste ehemaliger F?rderanlagen. Klar, dass ich da nicht fehlen darf: Also schnell eine Goldpfanne samt Zubeh?r gekauft, dazu Gummistiefel, und es kann losgehen. Doch wo?
Wir erkundigen uns und erfahren, dass wohl niemand was dagegen hat, wenn wir entlang eines Baches etwas Goldpanning betreiben. Aber wie macht man es richtig, und wo ist eine geeignete Stelle? Ich hatte mir bereits in Nevada ein Goldgr?berbuch mit allen Anleitungen gekauft, in der Praxis hat es aber wenig genutzt. Da, wo Gold sein sollte, war keins. ?Gold is, where you find it!? Und Gold ist halt nicht ?berall.
Wir treffen eine Gruppe von M?nnern bei einem Goldgr?berlager, zu mindestens halten wir es daf?r. Sie begr??en uns sehr freundlich, wozu, wie ?berall, unser Auto bzw. dessen Optik, ihren Beitrag leistet. Einer der Herren f?hrt uns zu seinem Grundst?ck am Cottenwood-River und zeigt uns die Technik des Goldwaschens. Nach ein paar Versuchen haben wir es heraus und folgen zwei Tage, zeitweise in str?mendem Regen, dem ?Lockruf des Goldes?. Ist halt total geil, wenn nach jedem Waschgang die funkelnden Flocken in der Pfanne auftauchen.
Reich werden wir so jedenfalls trotzdem nicht. Selbst wenn wir vielleicht nach zwei Tagen 200 Fl?ckchen einsammeln konnten, sind diese in unserer Pipette kaum sichtbar. Heute haben wir ein Ger?t gekauft, das unsere Bem?hungen um den Faktor zehn verst?rken soll. Mal sehen, ob es funktioniert!
Doch zun?chst unterbrechen wir das Goldpanning, um uns das historische St?dtchen Barkerville anzusehen, eines der bekanntesten Touristenziele Kanadas. Alles ist original erhalten, viele ?Bewohner? und Verk?ufer in den Gesch?ften (in denen man auch mit Goldstaub zahlen kann) tragen historische Gew?nder. Ein junger Herr in Anzug und Zylinder zieht seine Taschenuhr heraus, ich winke ihm mit hochgerecktem Daumen. Die Damen hinter der Theke sind ebenfalls alle aufs Feinste kost?miert.
Etwas sp?ter liefern sich der junge Herr mit einer Verk?uferin einen Disput, wie sich die Stadt weiter entwickeln soll. Er vertritt die These, dass das Erschlie?en weiterer Goldfelder zum Segen der Stadt sei, sie ist gegenteiliger Ansicht und fragt nach den Folgen, wenn der Goldrausch vorbei ist. Die Szene entstammt einem Theaterst?ck, das f?r die Besucher in den Sommermonaten aufgef?hrt wird. Wir sind das einzige Publikum und klatschen lautstark Beifall.
Auf dem R?ckweg zeigt sich auch die einzigartige Fauna der Gegend. Am Stra?enrand stehen Elche, ein B?r begr??t uns und ein Coyote huscht ?ber den Asphalt.
Mittlerweile schreiben wir Samstag, den 8. 6. 2013.
F?nf volle Tage haben wir mit der Goldsuche verbracht. ?Suche? ist eigentlich nicht die richtige Bezeichnung, f?r das, was sich am Cottenwood-River abspielte. Es war, ehrlich gesagt, eine schlimme Schinderei. Mit dem Kauf einer ?Sluice?, einer Art an der Oberseite offenem Trichter, der im Fluss verankert wird und st?ndig mit Kies und Sand vom Ufer gef?llt werden will, artete das ganze in harte Arbeit aus. Wir waren t?glich 8 Stunden besch?ftigt, im eiskalten Wasser, zerstochen von den uns umschwirrenden M?cken, bei st?ndig wiederkehrenden Regenschauern.
Aber das Ger?t arbeitet sehr gut und f?ngt die winzigen Goldpartikel sicher ein. Wir ernten fast 100 mal mehr des funkelnden gelben Metalls als mit unserer Goldpfanne.
Dennoch: Genug ist genug, wir brauchen eine Pause, zumal es weiterregnet und der Fluss wieder stark angestiegen ist.