Hallo meine Lieben,
mal wieder ein kleiner Bericht von unserer gro?en Reise. Im Moment befinden wir uns in einer Mercedes-Werkstatt in Oregon. Es regnet seit Tagen in Str?men und ist saukalt. Die Wasserpumpe scheint den Geist aufzugeben. Wir aber nicht, uns geht es bestens; wir hioffen allen, die dieser Bericht erreicht, ebenfalls.
Herzlichst, Claudia, Gerd und Strolch
Nevada: Steppe, Staub und Geisterst?dte
So. 12. 5. 13
Wir haben Nevada von Osten nach Westen durchquert. Nevada, ein Staat, der eigentlich nichts zu bieten hat, sieht man von Las Vegas einmal ab. Eigentlich. Doch da gibt es den Highway 50, den einsamsten, langweiligsten Fernweg, den die Staaten zu bieten haben. 400 Meilen unber?hrte Naturlandschaften, in denen einem h?chstens ein Coyote begegnet. Nur im ?berlebenstraining ge?bte sollten ihn befahren. L?sst man sich registrieren, gibt es daf?r sogar ein Zertifikat. Wir befahren ihn ein St?ck und finden, es ist kaum ?bertrieben. Also gehen wir es gem?tlicher an und queren den Staat etwas weiter s?dlich, die als ?extraterrestrisch? von einem blechernen Alien besch?tzt wird. Hier finden sich ausgetrocknete, salzverkrustete Seen, einzelne, oft zerfallene Geh?fte, verlassene Rastst?tten, Telefonmasten, in deren herabh?ngenden Dr?hten der Wind das ?Lied vom Tod? spielt. Immer wieder queren wir Gebirgsketten, ?berzogen von Salbei, Lavendel und anderen Kr?utern der Maccie.
Eine Landschaft als Mischung aus Kasachstan, Pampa und Mongolei (f?r die, die schon einmal dort waren). Starke Winde in den Ebenen verursachen tanzende Staubwirbel, als wollten die D?monen den einsamen Autofahrer zu sich rufen. Freilaufende Rinder ?berqueren dann und wann den Asphalt; die Warnschilder weisen zahlreiche Durchsch?sse der schie?w?tigen Eingeborenen auf.
D?monen und Geister finden sich entlang des HW 95, so z. B. in Goldfield, einer ziemlich heruntergekommenen Bergbaustadt, wo jedoch kaum noch Edelmetall gef?rdert wird.Wir besuchen eine l?ngst aufgegebene F?rderanlage und staunen, dass der Schacht v?llig ungesichert in unbekannte Tiefen f?hrt. Ein Boden ist jedenfalls nicht zu erkennen. M?sste ich eine Leiche verschwinden lassen, w?sste ich jetzt wo!
V?llig zum Erliegen kam der Goldrausch auch in Bodie, einer Geisterstatt, die bereits 1916 aufgegeben wurde. Mittlerweile wurde sie als eine der sch?nsten ihrer Art zum vielbesuchten Statepark, in der sich die Besuchermassen dr?ngeln. Ein Gro?teil der Holz-, vor allem aber der Steingeb?ude blieb erhalten, so dass sich ein Eindruck vom Leben der damaligen Zeit gewinnen l?sst. Der damalige Reverend Warrington meinte: ? Ein Meer der S?nde, gepeitscht vom Sturm der Wollust und Leidenschaft? und meinte damit das Treiben in den 65 Saloons der 10 000 Einwohner z?hlenden Wildweststadt, voll von Halunken und Halsabschneidern neben den hart arbeitenden Bergleuten. Schie?ereien, Pr?geleien, Mord und Totschlag waren allt?glich, ebenso wie das L?uten der Totenglocke auf dem Kirchturm.
Gr??er k?nnen landschaftliche Kontraste nicht sein, wie wir sie kurz darauf erleben. Soeben haben wir die Staatsgrenze zu Kalifornien ?berschritten, als wir uns in Norwegen w?hnen. Jawohl, Norwegen. Tiefblau liegt der Lake Tahoe im strahlenden Sonnenlicht, ums?umt von dichtem Nadelwald. An den Ufern die Villen der Reichen und Sch?nen. F?r uns findet sich ein Pl?tzchen auf einem Campground.
Tags drauf speisen wir in einem Cafe, dessen R?umlichkeiten z. T. in einer ehemaligen Goldmine etabliert sind. Grauer, abgest?tzter Fels, Schienen, verrostete Erzloren und Grubenlampen. Toll!
Den ganzen heutigen Tag fahren wir durch ?Schottland?. Sanfte Bergr?cken mit weidenden Rindern und Schafen, blaue Seen, schroffe K?sten mit grau verhangenem Himmel. Der kalte Seewind peitscht die Wasser der tief ins Land schneidenden Buchten, auf denen kleine Fischer- und Segelboote d?mpeln.
So hatten wir uns die K?ste n?rdlich von San Franzisco wirklich nicht vorgestellt. Aber wir haben l?ngst verlernt, in Amerika ?berhaupt ?ber etwas zu staunen oder uns zu wundern.